20 Jahre engagierte Bildungsarbeit – Interview mit Matthias Wenzel zum Jubiläum von Arbeit und Lernen
Lieber Matthias, heute ist der 01. April 2025 und – kein Scherz – Arbeit & Lernen Detmold feiert sein 20-jähriges Firmenjubiläum. Ein guter Anlass, dass das Büro auch mal mit Dir ein Interview zu führt ;-)

20 Jahre Arbeit und Lernen Detmold, 20 Jahre Bildungsarbeit – wie war das damals und wie seid ihr gestartet?
Wenn ich so zurück denke, war das schon eine sehr turbulente und aufregende Zeit – vorher war es ja Arbeit und Leben Detmold e.V.. Aber als der Verein dann 2004 aufgelöst werden musste, habe ich mit einer Kollegin überlegt, das weiter zu führen – nicht zuletzt um die Arbeitsplätze zu retten.
Gestartet sind wir am 1. April 2005 zu dritt und gleich im Herbst hatten wir unsere erste BAG-Tagung in Erfurt. Mit 14 Teilnehmer*innen sind wir in einem sehr kleinen, persönlichen Kreis gestartet.
Was macht Arbeit und Lernen Detmold aus Deiner Sicht aus, was unterscheidet Euch womöglich von anderen Anbietern?
Ganz wichtig ist uns vor allem der persönliche Kontakt zu den Teilnehmer*innen. Entweder auf den Seminaren oder wenn das nicht möglich ist, finden viele Gespräche auch über das Büro statt. Also wenn ich im Büro bin, bin ich die überwiegende Zeit am Telefon… Beispielsweise bearbeite ich die ImHaus-Anfragen oft selbst und spreche die Details zur Organisation und Durchführung mit den Verantwortlichen ab. Und mir ist es wichtig und das bringt deine Frage vielleicht auf den Punkt: wir haben immer ein offenes Ohr für unsere Teilnehmer*innen. Ruft jemand bei uns an, stehen die Kolleginnen im Büro mit Rat und Tat zur Seite.
Und seitdem es den Betriebsrats- und Personalratslotsen für betriebliche Fragestellungen gibt, merken wir, dass sich das Angebot stark entwickelt hat und der persönliche Kontakt noch vertrauter geworden ist.
Ein weiterer Punkt ist, dass wir aufgrund der langjährigen Zusammenarbeit mit unseren Referentinnen und Referenten sowie den Hotels schnell auf neue Themen, Gesetzesänderungen oder Urteile reagieren können. Ich denke, nach den Bundestagswahlen stehen alle Anbieter schon in den Startlöchern um auf eine neue Gesetzeslage schnell zu reagieren. Und aufgrund unserer Größe – wir sind ja insgesamt 7 im Team – sind wir extrem flexibel. Da kann es sein, dass innerhalb von 2-3 Tagen ein Termin und Ort gefunden werden und ein neues Thema an den Start geht.
Apropos Referentinnen und Referenten – wie kommen die eigentlich zu euch?
Sissi, Axel und Marc gehören seit Jahren zum Team – alle drei sind ja auch fest angestellt und machen einen tollen Job. Von den „freien“ sind einige bereits von der ersten Stunde an bei uns und auch hier gilt, der persönliche Kontakt ist uns wichtig und liegt uns allen sehr am Herzen. Da ist eine tolle Vertrauensbasis und tatsächlich habe ich noch nie einen schriftlichen Vertrag mit einem unserer Referenten gemacht. Und da wir meiner Meinung nach so ziemlich alle Themen abgedeckt haben, ist es natürlich nicht einfach, dass neue Referent*innen hinzukommen. Und falls doch, dann meist auf Empfehlung oder weil man sich schon einmal irgendwo – zum Beispiel auf einer Tagung – begegnet ist.
Was ist Dir wichtig oder liegt Dir am Herzen?
Dass wir nicht irgendein anonymer, unpolitischer Seminaranbieter sind, der ein Seminar nach dem anderen durchzieht. Sondern dass wir auch zu tagespolitischen Themen klar Stellung beziehen und wir uns nicht nur mit den Verhältnissen in der in der Arbeitswelt auseinander setzen. Wer unseren Newsletter kennt weiß, dass wir Themen kritisch hinterfragen und unsere Meinung sagen. Und wo es angesagt ist, unterstützen wir Initiativen, so z. B. die Ver.di-Petition, die die gleichen Rechte für kirchlich Beschäftigte Arbeitnehmer*innen fordert. Es ist ein Skandal, dass es bei kirchlichen Trägern bis heute nur eine eingeschränkte Mitbestimmung zweiter Klasse gibt. Wir treten dafür ein, dass das Mitarbeitervertretungsrecht durch das Betriebsverfassungsgesetz ersetzt wird.
Dann möchte ich aber auch noch kurz auf unseren Standort hier in Detmold und unser Engagement und unsere Geschäftspartner vor Ort eingehen. Dazu müssen wir uns kurz ins Jahr 2005 „zurückbeamen“ – hohe Arbeitslosenzahlen, Agenda 2010 etc. und hier in Detmold gab es keine unabhängige Arbeitslosen- und Sozialberatung bzw. den Arbeitslosenzentren wurde damals die Förderung gestrichen. Da haben wir bereits im Mai 2005, also 4-5 Wochen nach unserer Gründung, einer Initiative unsere Räume zur Verfügung gestellt, um Beratungen anzubieten. Hieraus hat sich dann 6 Monate später der „Verein- Arbeitslose helfen Arbeitslosen (AhA)“ gegründet.
Dann waren wir 10 Jahre Mitglied im Spendenparlament Lippe. Hier wurden bis zum letzten Jahr Vereine und Initiativen mit einer Anschub-Finanzierung unterstützt, bis sie sich selbst tragen und finanzieren konnten. Leider wurde das eingestellt, aber das hindert uns ja nicht daran, trotzdem regionale Vereine und Anlaufstellen durch Spenden zu unterstützen. Zum Beispiel das Kinderhospiz, die Arbeitslosenhilfe oder eine Initiative in Bielefeld, wo Ärzte und Ärztinnen ehrenamtlich Geflüchtete ohne Krankenversicherung behandeln.
Und obwohl wir überregional bzw. vorrangig in Norddeutschland unterwegs sind, pflegen wir hier vor Ort langjährige Geschäftsbeziehungen mit hier ansässigen Dienstleistern. Mit der Druckerei, die unsere Kataloge und Flyer erstellt, arbeiten wir bestimmt schon 10-12 Jahre. Eine ganz tolle, ebenfalls langjährige Zusammenarbeit haben wir mit unserem Ansprechpartner bei der Werbeagentur, der u.a. unsere Internetseite mit entwickelt hat und heute noch immer auf den aktuellen Stand bringt. Und wenn es passt, vergeben wir Aufträge zur Konfektionierung und kleinere Druckaufträge an die örtliche Lebenshilfe.
Welche besonderen Herausforderungen gab es in der 20-jährigen Firmengeschichte?
Spontan fällt mir sofort die Corona-Pandemie ein: Abstandregeln, 2G, 3G, Veranstaltungsverbot, Masken: ja – Masken: nein. Diese Zeit war für uns als Seminaranbieter sicher eine der größten Herausforderungen, die wir zu meistern hatten. Ein Seminar nach dem nächsten wurde abgesagt und keiner wusste, wie das alles weiter geht. Rückblickend kann ich sagen, dass viele der Regelungen richtig und die Maßnahmen in Ordnung waren, aber im privaten Bereich habe ich mich schon gefragt, was denn eine Ausgangssperre nach 22 Uhr überhaupt bringen soll …
Aber: nur durch die staatliche Unterstützung wie den Corona-Hilfen konnten wir überhaupt wirtschaftlich überleben und es konnte dann ja irgendwann weiter gehen. Für uns oder mich waren Online-Formate keine Option. Ich bin nach wie vor der Überzeugung: in unseren Seminaren ist der Austausch untereinander mit das Wichtigste überhaupt. Das kann im Online-Format so nicht rüber kommen und in den Pausen oder abends ist das persönliche Gespräch ebenfalls durch nichts zu ersetzen.
Einzig unsere Wahlvorstandsschulungen, in denen es um Berechnung von Fristen und Formalien geht, wurden online angeboten und auch etliche Male durchgeführt. Aber die laufen ja auch schon länger wieder in Präsenz und das ist gut so.
Was wünschst Du Dir für die Zukunft?
Eine gute Frage … Im Bereich der Mitbestimmung wünsche ich uns allen starke Interessenvertretungen und dass es in Zukunft weiterhin engagierte Kolleg*innen gibt, die sich als Interessenvertretung für die Beschäftigten einsetzen. Sich für die Rechte in den Betrieben und Dienststellen stark zu machen ist mittlerweile alles andere als selbstverständlich… Ich hoffe, dass der Generationen-Wechsel gelingt, denn sonst drohen uns hier Verhältnisse wie z. B. in Nord-Amerika – Stichwort „hire and fire“ – und die jüngsten Ereignisse lassen dort noch weit Schlimmeres befürchten!
Für uns als Arbeit und Lernen Detmold wünsche ich mir, dass wir als tolles und engagiertes Team noch viele Jahre und genauso aktiv wie am ersten Tag interessante Seminare und Tagungen machen.
Ganz besonders freue ich mich jetzt schon auf unsere nächste BAG-Tagung. Und das nicht nur, weil Erfurt mein Lieblingsseminarort ist, sondern die Tagung für viele der Teilnehmer*innen zu einem festen Termin im Kalender geworden ist. Man trifft und kennt sich und tauscht sich auf hohem Niveau aus – kurz um: es fühlt sich an, wie „nach Hause kommen“. Wobei natürlich immer auch neue Teilnehmer*innen willkommen sind! ;-)
Danke Matthias für das informative Gespräch!