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Urteil: Initiativrecht des Betriebsrats bei der Einführung einer elektronischen Zeiterfassung

Sachverhalt

Der Betriebsrat einer von zwei Arbeitgebern betriebenen vollstationären Wohneinrichtung im Rahmen der Eingliederungshilfe verlangte von der Arbeitgeberseite den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Einführung und Anwendung einer elektronischen Zeiterfassung.

Nachdem er mit Erfolg die arbeitsgerichtliche Errichtung einer Einigungsstelle gemäß § 100 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) durchgesetzt hatte, setzte die Einigungsstelle ihr Verfahren vorübergehend aus, um arbeitsgerichtlich klären zu lassen, ob der Betriebsrat entgegen dem BAG-Beschluss vom 28.11.1989 (1 ABR 97/88) ein Initiativrecht zur Einführung einer elektronischen Arbeitszeiterfassung hat.

Das daraufhin vom Betriebsrat angestrengte Beschlussverfahren mit dem Ziel der gerichtlichen Feststellung eines Initiativrechts hatte in der ersten Instanz keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht Minden entschied gegen den Betriebsrat (Beschluss vom 15.09.2020, 2 BV 8/20), d.h. im Sinne des BAG-Beschlusses vom 28.11.1989 (1 ABR 97/88).

Entscheidung

Das LAG Hamm entschied andersherum und ließ die Rechtsbeschwerde zum BAG zu, wo der Fall inzwischen liegt (Aktenzeichen des BAG: 1 ABR 22/21).

Nach Ansicht des LAG Hamm kann der Betriebsrat von sich aus auf der Grundlage von § 87 Abs.1 Nr.6 BetrVG die Einführung einer elektronischen Arbeitszeiterfassung verlangen. Dabei stellt sich das LAG bewusst gegen den BAG-Beschluss vom 28.11.1989 (1 ABR 97/88). Denn nach den Absichten des Gesetzgebers der BetrVG-Reform des Jahres 1972 sollte der Betriebsrat grundsätzlich bei allen Mitbestimmungstatbeständen des § 87 Abs.1 ein Initiativrecht erhalten.

Schließlich stellt das LAG in seiner Entscheidung ausdrücklich klar, dass europarechtliche Fragestellungen „nicht entscheidungserheblich“ waren. Denn da das Gericht bereits durch Auslegung des nationalen Rechts, d.h. von § 87 Abs.1 Nr.6 BetrVG, zu seinem juristischen Ergebnis kam, brauchte es die Frage nicht zu klären, ob das EuGH-Urteil vom 14.05.2019 (C-55/18) Auswirkungen auf die Interpretation von § 87 Abs.1 Nr.6 BetrVG hat.

Quelle: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 27.07.2021, 7 TaBV 79/20

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