Urteil zur Arbeitsstättenverordnung gilt auch für das Betriebsratsbüro
In vielen Betrieben ist es üblich, dass den Betriebsratsratsgremien Büroräume zur Verfügung stehen. Das Landesarbeitsgericht Köln hat sich nun in einem Fall mit der Raumgröße auseinanderzusetzen gehabt. Dabei gilt es, zwischen dem Sitzungsbedarf und der Büroraumnutzung zu unterschieden.
Sachverhalt
In einem Textileinzelhandelsunternehmen mit ca. 70 Filialen und ca. 3.500 Mitarbeitenden in Deutschland geht es um einen siebenköpfigen Betriebsrat einer Filiale, in der 125 Arbeitnehmer tätig sind. Der Betriebsrat hat behauptet, das ihm zur Verfügung stehende Büro habe wegen der Möblierung nur eine nutzbare Fläche von etwa 14 bis 15 qm. Eine der Wände weise keine Schallisolation auf. Daher sei es möglich, sämtliche Gespräche in dem angrenzenden Lager mitzuhören.
Der Betriebsrat forderte im Betrieb ein abschließbares, beheizbares, beleuchtbares, den Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung entsprechendes, optisch und akustisch hinreichend abgeschirmtes Betriebsratsbüro zur Verfügung zu stellen, welches mindestens 28 qm groß ist und in dem er insbesondere seine Betriebsratssitzungen und Besprechungen durchführen sowie Sprechstunden abhalten und sonstige zu erledigende Aufgaben (z. B. Schreibarbeiten) durchführen kann.
Die Arbeitgeberin bot an, die Betriebsratssitzungen nicht im Betriebsratsbüro sondern in einem zur Verfügung stehenden 21 qm großen Raum abzuhalten. In der Filiale K/S stehe kein Raum zur Verfügung, der in ein Betriebsratsbüro umgewandelt werden könne. Eine Erweiterung durch Teile des angrenzenden Lagerraums sei nicht möglich, da die dort gelagerte Ware zur Wahrung von brandschutzrechtlichen Vorgaben nicht in einem kleineren Raum aufbewahrt werden dürfe.
Entscheidung
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben. Der Raum müsse den Anforderungen an eine Arbeitsstätte entsprechen. Für einen siebenköpfigen Betriebsrat sei eine Raumgröße von 28 qm erforderlich. Notwendig sei auf Grund des Erfordernisses der Vertraulichkeit, dass der Raum optisch und akustisch abgeschirmt sei, was bei dem derzeit genutzten Betriebsratsbüro nicht gegeben ist. Unerheblich sei, ob die Arbeitgeberin über einen geeigneten freien Raum verfüge. Gegebenenfalls müsse sie zur hinreichenden Ausstattung des Betriebsrats ein bisher anderweitig genutztes Zimmer räumen und dessen bisherige Funktion auslagern.
Die Arbeitgeberin bemüht die nächste Instanz und behauptet, der Betriebsrat sei in dem ihm zur Verfügung stehenden Büro seit vielen Jahren problemlos seiner Betriebsratstätigkeit nachgegangen. Das Büro sei voll funktionsfähig mit Schreibtischen, Einbauschränken und einem internetfähigen PC ausgestattet. Der Betriebsrat könne in dem Raum seine Unterlagen lagern, wobei der Betriebsrat keine größeren Mengen an analogen Unterlagen für einen längeren Zeitraum aufbewahren müsse. In dem Betriebsratsbüro könnten auch problemlos Besprechungen mit bis zu zehn Personen abgehalten werden.
Das Büro des Betriebsrats genüge den Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung. Es habe Fenster, Belüftung, Heizung, Beleuchtung und eine ausreichende Schallisolation. Bei der von der Tür aus gesehen rechten Wand handele es sich um eine Feuerschutzwand. Diese Wand sei zwar aus Gipskarton, aber doppelt beplankt. Insofern seien der Vortrag des Betriebsrats und die tragende Annahme des Arbeitsgerichts unzutreffend, dass man Gespräche aus dem Betriebsratsbüro im angrenzenden Lager der Kinderabteilung mithören könne.
In der Filiale K/S stehe neben dem aktuellen Betriebsratsbüro kein anderer, größerer Raum zur Verfügung, der zu einem Betriebsratsbüro umfunktioniert werden könnte. Alle anderen verfügbaren Büroräume seien kleiner als das Betriebsratsbüro. Der neben dem Betriebsratsbüro liegende Lagerraum werde als solcher benötigt. Es sei ihr, der Arbeitgeberin, nicht möglich, die Ware an einem anderen Ort zu lagern. Die sonstigen Räume würden zwingend als Aufenthaltsraum oder Umkleiden für die Mitarbeiter oder als Lagerraum benötigt.
Das Landesarbeitsgericht Köln entschied zugunsten der Arbeitgeberin, machte dabei aber wichtige Ausführungen.
Der Betriebsrat hat gegen die Arbeitgeberin keinen Anspruch aus § 40 Abs. 2 BetrVG auf ein im Betrieb gelegenes festes Büro mit der von ihm verlangten Größe, das ihm stets zur Verfügung steht. Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen. Die Größe der Räume richtet sich danach, von wie vielen Personen er gleichzeitig genutzt werden soll und welche Einrichtungsgegenstände in ihm untergebracht werden müssen. Zu bedenken ist, dass nicht nur alle Betriebsratsmitglieder Platz finden müssen, sondern ggf. auch weitere Personen wie Arbeitnehmer, Rechtsberater, Auskunftspersonen, Sachverständige, Gewerkschaftsbeauftragte usw. Nicht geeignet sind Räume, die nicht den Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung entsprechen. Da § 40 Abs. 2 BetrVG den Arbeitgeber nur dazu verpflichtet, „im erforderlichen Umfang“ Räume zur Verfügung zu stellen, hat der Betriebsrat, anders als er es im vorliegenden Fall verlangt, keinen Anspruch auf einen bestimmten Raum, der für alle seine Tätigkeiten stets zur Verfügung steht. Wenn die Büroräume zur Abhaltung von Betriebsratssitzungen nicht geeignet sind, kann er ein weiteres eigenes Sitzungszimmer zur Verfügung stellen.
Das Büro des Betriebsrates entspricht der Arbeitsstättenverordnung. Nach § 3a Abs. 1 ArbStättVO iVm. der ASR A 1.2 muss jeder Arbeitsraum bei einem Arbeitsplatz mindestens eine Bürofläche von 8 qm aufweisen. Für jeden weiteren Arbeitsplatz müssen weitere 6 qm zur Verfügung stehen. Für Büro- und Bildschirmarbeitsplätze ergibt sich bei Einrichtung von Zellenbüros als Richtwert ein Flächenbedarf von 8 bis 10 qm je Arbeitsplatz einschließlich Möblierung und anteiliger Verkehrsflächen im Raum. Angesichts der Arbeitnehmerzahl des Betriebs von 125 und des Freistellungsvolumens gemäß § 38 Abs. 1 BetrVG von einem Betriebsratsmitglied steht daher für die Büroarbeit ein hinreichend großer Arbeitsraum zur Verfügung, der, sofern dies noch nicht geschehen ist, akustisch hinreichend abgeschirmt werden müsste.
Wichtige Hinweise zu Raumgröße bei Einzel- oder Mehrpersonennutzung ergeben sich aus der Technischen Regeln für Arbeitsstätten Raumabmessungen und Bewegungsflächen ASR A1.2