Warum es einfach ist, mit Donald Trump zu verhandeln. Oder: Worauf es wirklich ankommt
Der Eklat im Weißen Haus vom vergangenen Freitag wollen wir zum Anlass nehmen, ein kurzes Interview mit unserem Referenten Thomas Bödecker zu führen. Denn auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint, betrifft das dortige Geschehen auch tägliche Fragen der Arbeitnehmervertretungen. Seid gespannt!
Interview

Lieber Thomas, du bist einer unserer Referenten für unsere Verhandlungsseminare. Während der ersten Amtsperiode von Donald Trump hattest du einmal den Satz fallen lassen: „Es ist einfach, mit Donald Trump zu verhandeln“. Würdest du diese Aussagen nach den Geschehnissen im Weißen Haus am vergangenen Freitag so noch einmal tätigen?
Auf jeden Fall! Vorab einmal: Wir wissen nicht, ob die Eskalation geplant war. Deshalb gehe ich zunächst davon aus, dass sich der Eklat ohne Drehbuch entwickelt hat. Damit zu deiner Frage: Ich glaube, wir sind uns fast alle einig, dass Donald Trump ein launischer, unsympathischer, narzisstischer Mensch ist, zumindest als solcher in der Öffentlichkeit rüberkommt. Sollte diese Erkenntnis meine Art des Verhandelns beeinflussen? Sicher. Aber nicht so, wie es die große Mehrzahl der Leute machen würde: Es nützt mir nichts, mir einzureden, dass Donald Trump ein schlechter Mensch ist und ich auf der (moralisch) „guten Seite“ stehe. Eine solche Einstellung führt höchstens dazu, dass ich mich überlegen fühle und mein Handeln danach ausrichte. Und schon habe ich ein Problem in der Verhandlung, das mit mir zu tun hat und welches der Erreichung meiner Ziele im Wege steht. Ich glaube dann nämlich möglicherweise, dass ich auf der Seite des Guten gegen das Böse kämpfe. Diese Einstellung raubt mir Flexibilität, die ich in schwierigen Verhandlungen brauche. Ich lege mir quasi selbst Fesseln an, weil ich die Bedeutung der Angelegenheit künstlich erhöhe.
Also sollte ich mich devot verhalten und in Verhandlungen verbiegen, um an mein Ziel zu kommen?
Nein, das ist damit in keinem Fall gemeint. Vielmehr muss ich intelligent mit meinen Verhandlungspartnern umgehen – unabhängig davon, was ich von ihnen halte. Man kann es auf folgenden Punkt bringen: Ich muss in der Welt meines Gegenüber mitspielen.
Wie ist das genau gemeint?
Wir erleben es in vielen Verhandlungen jeden Tag: Die Menschen hören sich nicht wirklich zu. Sie agieren in verschiedenen Welten. Daher weiß ich auch nicht, was mein Gegenüber über wirklich will. Sehr oft geht es gar nicht um das eigentliche Thema oder um Argumente. Es geht meinem Gegenüber um etwas ganz Anderes. Dies bekomme ich allerdings nur mit, wenn ich zuhöre und mein Verhalten danach ausrichte.
Könntest du dafür ein Beispiel nennen?
Nehmen wir uns einen Ausschnitt aus dem Gespräch zwischen Selenskyj, Vance und Trump.
Selenskyj: »Ich spreche mit allem Respekt …«
Trump: »Respektlos gegenüber diesem Land, das Sie weit mehr unterstützt hat, als viele Leute sagten, dass man Sie hätte unterstützen sollen.«
Vance: »Haben Sie einmal Danke gesagt?«
Selenskyj: »Mehrmals.«
Vance: »Während des heutigen Treffens? Während dieses ganzen Treffens haben Sie Danke gesagt?«
Selenskyj: »Sogar heute, sogar heute.«
Wie wir uns erinnern, ging es bei dem Treffen eigentlich um den Krieg zwischen Russland und der Ukraine bzw. um ein Rohstoff-Abkommen. Aber ging es in dem eben gezeigten Dialog auch darum? Überhaupt nicht. Trump und Vance wollten über Respekt und Dank sprechen. Und das war an dieser Stelle ihre Welt. Ich behaupte mal, dass es Trump und Vance überhaupt nicht um Frieden geht, sondern darum, dass sie als generöse, gutherzige und erfolgreiche Menschen dastehen wollen (schlicht, um ihren Narzissmus zu befriedigen). Das kann man nun gut oder schlecht finden. Es spielt allerdings keine Rolle: Ich muss mich – um mein Ziel zu erreichen – in ihre Welt begeben und dort mitspielen.
Weshalb zeigt dieses Beispiel, dass es einfach ist, mit Trump zu verhandeln?
Weil Trump wie ein offenes Buch ist. Man weiß bei ihm, was er will. Das sagt er regelmäßig in aller Deutlichkeit. Zudem hat er seine Emotionen offensichtlich nicht im Griff, so dass seine vorherrschenden Persönlichkeitsmerkmale ebenfalls für jeden sichtbar sind. Und darauf kann ich mich einstellen. Als Verhandlungspartner sind die Gespräche damit einfacher zu führen, als wenn ich mein Gegenüber und seine Ziele nicht kenne.
Aber kann es nicht sein, dass Trump und Vance den Eklat absichtlich herbeigeführt haben?
Diese Möglichkeit besteht leider. Dann war die Eskalation Teil eines übergeordneten Plans, um bspw. die Ukraine in der amerikanischen Bevölkerung verächtlich zu machen und so die Einstellung der US-Unterstützung vorzubereiten – oder schlicht und banal, um der amerikanischen Öffentlichkeit eine Show zu bieten. Aber auch hier: Dass diese Möglichkeit bei Trump besteht, gehört zu einer professionellen Verhandlungsvorbereitung. Die ukrainische Delegation hätte diese Szenario und die unmittelbaren Reaktionen Selenskyjs darauf in Betracht ziehen müssen, um entsprechend adäquat vorbereitet zu sein.
Was können die Arbeitnehmervertretungen aus diesem Eklat für Erkenntnisse gewinnen?
In erster Linie, dass man Verhandeln lernen kann. Auch die Arbeitnehmervertretungen befinden sich häufig in schwierigen Verhandlungen mit schwierigen Menschen, und die Motivlage ist ebenfalls nicht immer klar. Im Regelfall lässt sich dies nicht ändern, auch wenn man es sich wünschen würde. Wie so oft gilt auch hier: Ändern kann ich mich nur selbst, und dazu gehört das Wissen, wie ich mich auf Verhandlungen professionell vorbereite und wie ich in Verhandlungen agiere – damit meine Verhandlungen nach Möglichkeit nicht das gleich Ende nehmen wie am Freitag das Gespräch zwischen Selenskyj, Vance und Trump.
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